Karriere

15.08.2018
Larissa Gilke

Innovationskultur stärken

Internationale Nachwuchskräfte lernen Design Thinking

Kann man Kreativität erlernen? Kann also jeder kreativ sein? Diese Fragen stellten sich gewiss einige Teilnehmer des Workshops „Design Thinking“ im Innovation Center von Klasmann-Deilmann in Geeste. Mitarbeiter des in Deutschland dafür führenden Hasso-Plattner-Instituts aus Potsdam erläuterten dabei unseren Nachwuchskräften die verschiedenen Phasen des Design-Thinking-Prozesses.

Mit Legosteinen und –figuren, bunten Styroporteilchen, Gummis, Zahnstochern, Pappbechern, Filzstiften, Tonpapier und noch einigen Utensilien mehr basteln 13 junge Männer und Frauen eifrig. Es sind Mitarbeiter aus Deutschland, Frankreich, Irland, Litauen, Lettland und den Niederlanden und sie arbeiten an ihrem Prototyp. Die Challenge: Entwerft ein neues Standorterlebnis für die Mitarbeiter in Groß Hesepe und bezieht dabei eine große leerstehende Lagerhalle mit ein.

Doch wie findet man die zündende Idee, um überhaupt einen Prototyp bauen zu können? Dies steht eher am Ende des Schaffensprozesses. Dorthin gelangten unsere Nachwuchskräfte, angeleitet von den Mitarbeitern des Hasso-Plattner-Instituts, über den Ansatz des Design Thinkings: verstehen, beobachten, Sichtweise definieren, Ideen finden, Prototyp entwickeln, testen. „Zunächst geht es darum, möglichst viel über das Problemfeld zu lernen, die relevanten Fragen zu identifizieren und die betroffenen Nutzer zu verstehen“, erklärt Lead-Coach Samuel Tschepe. Die Phasen erfolgen zwar nacheinander, sollten aber auch immer wieder mit bereits vorhergehenden Phasen rückgekoppelt werden. Denn das Wissen, das man an einem späteren Punkt erwirbt, kann den Ausgangspunkt wieder verändern. Wichtig ist es also, stets offen zu sein für neue Impulse und Erkenntnisse, statt an dem ersten Gedanken festzuhalten.

Und im Fokus steht der User. „Dies ist ein zentrales Prinzip des Design Thinkings“, sagt Samuel Tschepe. Jedes Produkt sollte nicht dem Entwickler gefallen, sondern demjenigen, der es gebraucht, dem Kunden. Also zogen unsere Nachwuchskräfte los und interviewten Mitarbeiter am Standort Groß Hesepe. Um ein Gefühl dafür zu bekommen, wie man die Bedürfnisse der Nutzer erfahren kann, erlernten sie vorher entsprechende Interviewtechniken. Zuhören und Empathie sind dabei wesentliche Voraussetzungen, um die Wünsche des Kunden in Erfahrung zu bringen.

In Teams trugen sie ihre Ergebnisse zusammen, diskutierten, hinterfragten, suchten nach Schnittmengen, entwickelten die Sichtweise, durchliefen den Prozess der Synthese. Die dadurch gewonnene Inspiration stellt den Startpunkt für die Phase der Ideenfindung dar. Zur Vorbereitung bekamen unsere Nachwuchskräfte von den Coaches verschiedenste Kreativitätstechniken an die Hand sowie den Rat „fail early, fail often“. Samuel Tschepe erklärt: „Fehlende Inspiration und die Angst, Fehler zu machen, sind typische Kreativitätshemmnisse. Deshalb ist es uns wichtig, diese Aspekte zu adressieren, sodass die Teams erfolgreich in die Ideenfindung gehen können.“

In der Ideenphase kommen besonders die Prinzipien des Experimentierens, Teamworks und Visualisierens zum Tragen. Ein anschauliches Beispiel dafür ist der sogenannte Ideenzug. In einer Reihe geht das Team herum ‑ das kann im Raum, im ganzen Gebäude oder auch draußen geschehen ‑, die Teammitglieder sind ausgestattet mit Stift und Klebezetteln. Der Vorderste im „Zug“ ruft eine Idee oder einen Gedanken aus. Der hinter ihm Laufende antwortet, was ihm ganz spontan dazu einfällt, notiert dies auf einem Zettel und klebt ihn seinem Vordermann auf den Rücken. So geht es in der Reihe weiter, stets assoziativ und auf den Ideen der anderen aufbauend.

Auf die Ideensammlung folgt die Phase des Entscheidens. So verwarfen unsere Nachwuchskräfte viele Ideen wieder, um die eine Idee weiterzuentwickeln, bspw. mit den besagten Materialien beim Bau des Prototyps. Dieser muss keineswegs perfekt sein. Wichtig ist, dass die Test-User eine Vorstellung von dem geplanten Produkt bekommen ‑ das Prinzip „fail early, fail often“ wird genutzt, um die Sichtweise des Kunden einzubinden, aber auch, um Schwächen früh zu erkennen und so Kosten zu sparen. Dabei ist die Vorgehensweise iterativ: Schrittweise verändern die Entwickler ihren Prototyp stets im Austausch mit dem Nutzer.

Am Ende des dreitägigen Workshops präsentierten unsere Nachwuchskräfte in großer Runde nicht nur ihre Ergebnisse. Sie zeigten, was sie gelernt haben: Schauspielerisch stellten sie potentielle Nutzer dar und gaben so einen Eindruck von den Bedürfnissen, legten den Fokus auf die Empathie, erzählten die persönliche Geschichte. Genau dieses Vorgehen folgt wichtigen Grundprinzipien des Design Thinkings: Nutzerorientiert zu denken und visuell zu arbeiten. Der Nutzer steht im Fokus, nicht der Entwickler.

Damit endete für unsere Nachwuchskräfte die zweite internationale Teamveranstaltung. Im Oktober des letzten Jahres fand das erste Treffen in Rotterdam statt. Zum nächsten Treffen werden sie ins litauische Šilutė eingeladen; im Frühjahr des nächsten Jahres steht die letzte internationale Teamveranstaltung dieses zweijährigen Förderprogramms an. Und zwischen diesen Treffen in der Gruppe geht es um die Entwicklung und Kompetenzförderung des Einzelnen. Im persönlichen Gespräch erörtern Nachwuchskräfte und Vorgesetzte gemeinsam mit dem Bereich Human Resources Entwicklungsmöglichkeiten und erarbeiten einen Plan, um diesen Weg gemeinsam zu beschreiten.

blankAuch mit Design Thinking möchten wir unsere Innovationskraft stärken. Wir machten bereits mit unserem Inkubator gute Erfahrungen damit, den Nutzer bei der Entwicklung von Produkten früh mit einzubeziehen. Als erfolgversprechender Ansatz kommt nun die Arbeit mit Prototypen hinzu: Entwickler und Kunden bekommen schnell ein klares Bild von dem Produkt, ohne dass vorab viel Zeit und Geld in Details gesteckt wird. So werden negative Rückmeldungen bewusst in Kauf genommen, aber auch Lern- und Entwicklungsprozesse beschleunigt, sodass die Produkte schneller Marktreife erlangen.