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25.09.2017
Larissa Gilke

Der letzte Zug aus dem Südfeld

Vogelschutzgebiet mit Radweg

Groß Hesepe, Südfeld, Pütte 28. Das Wetter ist diesig. Die Waggons der Moorbahn sind befüllt. Heinz Rudolf Brüning setzt die Lok in Betrieb, schält sich aus dem Führerhaus, stellt sich auf das Trittbrett und streut Sand auf die Gleise, damit die Bahn mehr Grip hat. Es ist der letzte Zug, der das sog. „Südfeld“ nach Schöninghsdorf (Emsland) verlässt, und er markiert nicht nur das Ende einer Ära, sondern auch den Beginn von etwas Neuem.

Das Südfeld war seinerzeit eine der größten Torfgewinnungsflächen im Emsland. Südlich der Twister Straße erstreckt sich das Dalum-Wietmarscher Moor, für das Klasmann-Deilmann seit 1955 über einen Pachtvertrag von 1.010 Hektar verfügte. „Damals haben hier 100 Leute gearbeitet. Jetzt ist das etwas ganz anderes“, sagt Martin Pirsig, dem letzten Zug hinterherschauend. Der heutige Feldmeister kennt die Arbeit im Moor von der Pike auf. 1980 fing er bei den früheren „Klasmann Werken“ an. Damals galt noch eine unbedingte „Verpflichtung“, die ganze Fläche abzutorfen. Schon ein Jahr später trat das niedersächsische Moorschutzgesetzt in Kraft, seither stehen alle intakten Moore unter Naturschutz. Torfgewinnung findet ausschließlich auf Flächen statt, die bis dahin bereits entwässert waren.

Vorbereitungen auf die Wiedervernässung

Nun endet die Abtorfgenehmigung. Aus den Pütten 29‑33, in denen Klasmann-Deilmann in den letzten Jahren noch Torf gewann, sollen durch Wiedervernässung naturnahe Lebensräume werden. Dazu bearbeitet Klasmann-Deilmann die Pütten mit Hydraulik-Baggern und Raupen, sodass Vertiefungen und Wälle entstehen. Dies trägt dazu bei, dass Regenwasser in den Vertiefungen stehen und die Flächen feucht bleiben. Zusätzlich sind Überläufe für die Wasserregulierung notwendig.

„Wenn man morgens um 5 Uhr im Moor ist, die Vögel sind da, alles ist mit Raureif überzogen ‑ das ist Natur pur“, erzählt Martin Pirsig weiter. Das wird schon ein merkwürdiges Gefühl sein, wenn man in Zukunft hier vorbeifährt, nachdem man jahrelang in den Flächen gearbeitet hat.“ 1983 wurde das erste Mal in Pütte 28 gebaggert. Damals wurde noch in drei Schichten der Industrietorf gewonnen, der zur Herstellung von Aktivkohlefiltern diente. „Dann musste auch mal nachts der Bagger gedreht werden, wenn er an das Ende einer Pütte kam“, erinnert sich Martin Pirsig.

1997 wurde im Südfeld der letzte Weißtorf gestochen. Ab dem Jahr 2000 gab es eine neue Abtorfgenehmigung, die regelte, dass einerseits ein noch nahezu unberührter Teil der Flächen stillgelegt werden müsse, damit andererseits die Rohstoffgewinnung für die Pütten 28‑33 verlängert werden könne. 2004 wurde hier der letzte Industrietorf gewonnen, der zur Herstellung von besonders hochwertigen Aktivkohlefiltern benötigt wird. Ab 2005 wurde hier Humintorf (durchfrorener Schwarztorf) gebaggert und geerntet. 100.000 Kubikmeter transportierte die Moorbahn in den letzten Jahren jährlich nach Schöninghsdorf in die Substratfabrik.

„Weichen raus, Wege einplanieren und dann ist Schluss“, skizziert Martin Pirsig die letzten Schritte für Klasmann-Deilmann im Südfeld. Dann übernimmt die Staatliche Moorverwaltung die Wiedervernässung. Das Vogelschutzgebiet soll seltenen Arten einen Lebensraum bieten, Schafe werden dafür sorgen, den Pflanzenwuchs niedrig zu halten.

Als Teil des EU-Vogelschutzgebiets „Dalum-Wietmarscher Moor und Georgsdorfer Moor“ und zum Internationalen Naturpark Bourtanger Moor-Bargerveen wird auch hier bald ein Radfahrweg das Gebiet umrunden. Die Weite der Moorlandschaft können Radfahrer und Wanderer dann von Aussichtspunkten überblicken.

Ein letzter Blick gilt der Moorbahn, die bereits zu einem Punkt am Horizont geschrumpft ist.