Kompetenzen

08.03.2019
Dirk Röse

Substratkonzept gegen den Trauermückenbefall

Eckhard Schlüter im Interview über wichtige Fortschritte im Bereich der Bio-Substrate

Eckhard Schlüter arbeitet bei Klasmann-Deilmann im Bereich Advisory Services & Quality Management mit besonderem Schwerpunkt im Bereich Bio-Substrate. Im Interview spricht er über ein Substrat- und Düngerkonzept für Bio-Substrate, das gemeinsam mit der Hochschule Osnabrück entwickelt wurde und mit dem der Trauermückendruck um bis zu 80 Prozent reduziert werden kann.

Frage: Eckhard, wo treten Trauermücken auf und welche Folgen hat das?

Eckhard Schlüter: Trauermücken sind weit verbreitet. Einige wenige der insgesamt 1.800 Arten finden in Gewächshäusern ideale Lebensbedingungen vor. Sie besiedeln dort die Substrate von Zier- und Nutzpflanzen oder leben auf Algen- und Moosbelägen, die sich in feuchten Bereichen bilden. An den Pflanzen können die Larven Wurzelschäden verursachen. Die Mücken sind für die Pflanzen zwar unschädlich, werden aber vom Handel als Verunreinigung angesehen, was zur Annahmeverweigerung führen kann. Bei der Produktion von Biotopfkräutern stellen Trauermücken eines der zentralen Pflanzenschutzprobleme dar: Den Betrieben entstehen hohe Kosten für die Bekämpfung mit biologischen Maßnahmen.

Frage: Wie kommt es, dass der Befallsdruck gerade im Bio-Anbau so hoch ist?

Eckhard Schlüter: Wir haben herausgefunden, dass das vor allem an den besonderen Rezepturen der Bio-Substrate liegt. Sie enthalten derzeit mindestens 30 Prozent alternative Ausgangsstoffe wie Kompost, Holzfasern oder Kokos sowie feste organische Dünger. Darin spiegelt sich der Wunsch der Bio-Verbände nach einem möglichst hohen Torfersatz wieder. Diese Zusammensetzung bietet jedoch auch den Trauermückenlarven ideale Lebensbedingungen. Das hat mehrere Gründe. Einerseits geben diese Substratmischungen offensichtlich Stoffe ab, die Trauermücken anziehen. Andererseits bieten sie den Larven eine hervorragende direkte Nahrungsquelle.

Frage: Welche Stoffe sind es genau, die den Trauermücken als Nahrung dienen?

Eckhard Schlüter: Das haben wir auf Laborebene systematisch für alle Komponenten untersucht. Dabei kam heraus, dass die aus der Kompostierung stammenden Komponenten eine besondere Herausforderung darstellen, wenn sie nicht optimal verrottet sind und noch einen zu hohen Anteil leicht abbaubare organische Substanz enthalten. Es wurde auch deutlich, dass die verwendeten organischen Dünger offensichtlich eine noch größere Rolle spielen. Sie sind je nach Zusammensetzung und Struktur direkte Futterquellen für Larven. Unsere GreenFibre-Holzfasern und die von uns genutzten Kokos-Produkte haben sich in den Versuchen hingegen als schlecht nutzbare Nahrungsquellen erwiesen.

Frage: Welche Schlüsse haben Sie daraus gezogen?

Eckhard Schlüter: Als Konsequenz aus unseren Studienergebnissen verändern wir die Auswahl der Substratausgangsstoffe, so dass den Larven ihre natürliche Nahrungsgrundlage entzogen wird. Das heißt konkret: Wir setzen ausschließlich einen perfekt gerotteten und abgelagerten Grünkompost aus eigener Herstellung ein. Unter der Marke TerrAktiv genießt dieser Grünkompost im ökologischen Gartenbau einen sehr hohen Stellenwert. Bei den organischen Düngern scheiden nach unseren Untersuchungen so gut wie alle handelsüblichen festen Dünger aus.

Wir haben daher mit einem namhaften niederländischen Düngerproduzenten eine neuartige Düngerformulierung auf Gel-Basis entwickelt. Der Dünger wird feinverteilt in das Substrat gemischt und ist aufgrund seiner speziellen Verkapselung für Trauermückenlarven nur schwer nutzbar. Unsere technische Abteilung hat in diesem Zusammenhang eine spezielle Dosiertechnik für die Substratmischanlagen entwickelt, mit der eine mikrofeine Düngerverteilung möglich ist.

Frage: Was ist das Besondere an diesem Konzept?

Eckhard Schlüter: Zwei Dinge sind besonders. Zum einen die Idee, dass verschiedene Bausteine je nach den speziellen Anforderungen der Betriebe in einem Substrat kombiniert werden können. Diese Bausteine sind Weißtorf, Kokos, Holzfasern und, was uns besonders wichtig ist, wir können in Bio-Substraten immer mit einem Anteil von wertvollem Grünkompost weiterarbeiten. Der TerrAktiv-Grünkompost belebt das Substrat, unterdrückt Krankheitserreger und fördert die Mineralisierung von organischem Dünger.

Die zweite Besonderheit ist unsere neue Düngerformulierung aus fermentierten pflanzlichen oder hydrolysierten tierischen Bestandteilen. Die Dünger sind hocheffizient in Ihrer Nährstoffwirkung und zudem reich an Aminosäuren, die pflanzenstärkend wirken. Sie können von Trauermückenlarven nicht direkt genutzt werden und ermöglichen es den Betrieben, wieder Bio-Substrate mit einer deutlich höheren Grunddüngung einzusetzen.

Frage: Und dieses Substratkonzept ist ein echter Fortschritt?

Eckhard Schlüter: Ja, wir setzen das Konzept jetzt schon seit einigen Jahren bei immer mehr Kunden um und die Ergebnisse sind sehr positiv. Aufgrund der bisherigen Erfahrungen sind wir in der Lage für jeden Betrieb ein maßgeschneidertes Düngekonzept anzubieten.

Aufgrund der steigenden Nachfrage aus Benelux und Frankreich installieren wir derzeit auch in unserem niederländischen Produktionswerk eine Düngerdosierung für Bio-Substrate.

Frage: Für wen eignet sich das Substratkonzept?

Eckhard Schlüter: Vor allem für Gartenbaubetriebe, die Bio-Kräutersubstrate mit einer geringen bis mittleren Grunddüngung einsetzen und mit betrieblicher flüssiger Nachdüngung kombinieren. Diese Kombination ist die derzeit effizienteste Maßnahme zur Kontrolle des Trauermückendruckes.

Es zeigen sich aber auch weitere interessante Einsatzmöglichkeiten in Gemüseanzuchtsubstraten für empfindliche Kulturen. Hier zeigen die Dünger eine schonende Freisetzung und wir verzeichnen durch freie Aminosäuren darüber hinaus pflanzenstärkende Effekte.

Eckhard, vielen Dank für das Gespräch!