Nachhaltigkeit

03.09.2018
Manfred Dechering

Biodiversität auf Torfmoosflächen – Teil 2

Kiebitz auf ehemaliger Torfgewinnungsfläche entdeckt

Auf einer Torfmoosfläche von Klasmann-Deilmann hat sich ein Kiebitz zum Brüten niedergelassen. Der Vogel zählt zu einer der bedrohten Vogelarten in Deutschland. In den letzten Jahren haben wir im Zuge eines umfassenden wissenschaftlichen Projekts den Torfmoosanbau auf zwei ehemaligen Torfgewinnungsflächen erprobt. Jetzt bieten die Torfmoosflächen einen Lebensraum für gefährdete Tier- und Pflanzenarten. Lesen Sie hier in unserem zweiteiligen Bericht, welche Tiere und Pflanzen sich auf den Flächen etabliert haben.

 

Die Torfmooskultivierung, auch Sphagnum Farming genannt, stellt die einzige nachhaltige Nutzungsform ehemaliger Torfgewinnungsflächen dar. Gemeinsam mit dem Thünen-Institut Braunschweig und dem Institut für Umweltplanung der Leibniz Universität Hannover untersuchen wir, ob die Torfmooskultivierung eine Win-win-Lösung für Biodiversität, Klima und Wirtschaft schaffen kann. Die bisherigen Forschungsergebnisse unterstützen die These, dass die Klima- und Naturschutzziele durch die Torfmooskultivierung deutlich schneller erreicht werden können als beispielsweise durch eine herkömmliche Wiedervernässung. Diese neuen Forschungsergebnisse sollten dafür genutzt werden, die bisherige Renaturierungspraxis zu überdenken und entsprechende rechtliche und finanzielle Rahmenbedingungen zu schaffen.

Die Doktorandin Lotta Zoch führt seit März 2017 auf unseren Flächen ein umfangreiches Monitoring durch: Sie erfasst Vögel, Reptilien, Amphibien, Libellen und Tagfalter sowie alle wirbellosen Tiere wie Spinnen, Käfer und Wanzen, die in der obersten Torfmoosschicht leben. Das Vorkommen von Pflanzen untersucht Doktorandin Amanda Grobe. Lesen Sie mehr dazu in unserem ersten Teil.

Zehn Vogelarten der Roten Liste von Niedersachsen und Bremen wies Lotta Zoch auf unseren Torfmoosflächen im vergangenen Jahr nach. Unter den entdeckten Tieren befindet sich der Kiebitz. Der Vogel hat sich auf der Torfmoosfläche zum Brüten niedergelassen. Vier Eier hat der Kiebitz in sein Nest auf der Fläche gelegt. In der Regel dauert es 26 bis 29 Tage, bis die Küken schlüpfen. Im letzten Jahr hatte der Kiebitz hier bereits ein Nest und seine Küken sind geschlüpft. Die Doktorandin sagt: „Die erfolgreiche Brut des Kiebitzes im Provinzialmoor zeigt, dass Torfmooskultivierungsflächen vor allem für Bodenbrüter von Bedeutung sein können“.

Die Größe des Vogels ähnelt der einer Taube; er ist circa 30 Zentimeter groß. Auffällig beim Kiebitz ist die abstehende Federholle am Hinterkopf. Erkennen kann man den Vogel auch durch seinen grünlich schimmernden Metallglanz auf der Oberseite.

Kiebitze bevorzugen feuchtes Grünland als Lebensraum. Dieser geht in Deutschland, aufgrund der Intensivierung der Landwirtschaft, immer weiter zurück. Heute ist der Kiebitz nur noch selten zu sehen. Innerhalb der letzten 20 Jahre hat sich der Bestand um die Hälfte reduziert. Jetzt steht der Vogel auf der internationalen Roten Liste der gefährdeten Vogelarten. Der Naturschutzbund (NABU) macht darauf aufmerksam, dass der Kiebitz in einigen Regionen als Brutvogel ausstirbt, wenn keine weiteren Maßnahmen getroffen werden. Es bleibt zu hoffen, dass der Kiebitz sich, zusammen mit seiner Brut, auch in Zukunft auf unseren Torfmoosflächen niederlässt.

Die Zwischenergebnisse nach zwei Jahren Forschung machen bereits deutlich, welchen einzigartigen Beitrag eine Torfmooskultivierung für den Natur- und Klimaschutz auf Hochmooren leisten kann. Wir sehen daher Handlungsbedarf seitens des Landes Niedersachsen, die bisherigen Renaturierungsvorgaben an den aktuellen Stand der Wissenschaft anzupassen. Mit unseren mehr als 3.000 Hektar Flächen, die entweder bereits wiedervernässt wurden oder deren Renaturierung in Planung ist, könnten wir einen erheblichen Beitrag zum Klima- und Naturschutz leisten. Nötig sind dafür die richtigen politischen Weichenstellungen auch hinsichtlich des Finanzierungsbedarfs.

In unserem ersten Teil können Sie nachlesen, wie viele Pflanzenarten der Roten Liste die Doktorandin Amanda Grobe auf unseren Torfmoosflächen nachgewiesen hat.