Unternehmen

23.06.2016
Alina Strickmann

Torfersatzforum bei Klasmann-Deilmann

Forschungsprojekte zur Torfmooskultivierung

Der Arbeitskreis „Substrate“ im „Niedersächsischen Torfersatzforum“ hat in seiner jüngsten Sitzung über die Perspektiven der Torfmooskultivierung beraten. Dr. Arne Hückstädt vom Industrieverband Garten e. V. (IVG) moderierte die Veranstaltung, zu der mehr als sechzig Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus Forschung und Entwicklung, aus der Torf- und Substratindustrie sowie von den Umweltverbänden gekommen waren.

Gastgeber war Klasmann-Deilmann. Unsre Geschäftsführer Moritz Böcking stellte u. a. unsere Aktivitäten im Bereich Nachhaltigkeit und Erneuerbare Energien vor. „Unser Kerngeschäft bleiben die Kultursubstrate, 43 % unserer Produktion sind inzwischen für die Ernährungswirtschaft bestimmt“, führte Böcking aus. Mit Blick auf das eigene Projekt zur Torfmooskultivierung ergänzte er, dass die Zukunft dieses vielversprechenden Substratausgangsstoffes wesentlich von Fördergeldern abhänge, „solange Forschung und Entwicklung kritische Hürden noch nicht überwunden haben.“

Rainer Lindner von der „Unternehmensberatung Rohstoffe und Substrate“ wies in seinem Beitrag darauf hin, wie wertvoll Torf für die Substratproduktion sei und welche hohen Ansprüche deshalb an die Entwicklung alternativer Ausgangsstoffe gestellt würden. Sein Unternehmen verfolge in diesem Zusammenhang verschiedene Vorhaben zur Nutzung von Rohrkolben, die als Bau- und Dämmstoff bereits gut etabliert seien. Auch für den Einsatz in der Substratproduktion bestehen gute Perspektiven, so Lindner, die in der kommenden Zeit weiter konkretisiert und abgesichert werden müssen. Derzeit gehe er von einer möglichen Ernte von 500 m³ bzw. 20 t pro Hektar bereits ab dem 3. Bewirtschaftungsjahr aus. Eine rentable Nutzung sei ab einer Flächengröße von 10 Hektar auch ohne Fördermittel denkbar.

Michael Emmel von der Landwirtschaftskammer Niedersachsen stellte die Ergebnisse verschiedener Forschungsprojekte vor, bei denen Torfmoose auf ihre Eignung als Substratausgangsstoff getestet worden waren. Dabei hatte man verschiedene Substratmischungen um unterschiedlich hohe Torfmoosanteile ergänzt und in der Kultur von Cyclamen, Gaultherien und anderen Pflanzen untersucht sowie den üblichen Biotests unterzogen. Das Ergebnis ist ermutigend: Eine Zumischung von bis zu 50 Vol.-% Torfmoos führte durchweg zu sehr guten Kulturergebnissen, nur bei darüber hinaus gehenden Anteilen im Substrat waren leichte Beeinträchtigungen bei verschiedenen Pflanzen festzustellen. Offen blieb jedoch die Frage der Wirtschaftlichkeit der Torfmooskultivierung, so Emmel, vor allem mit Blick auf die noch nicht geklärten Möglichkeiten zur Flächenverfügbarkeit, zur Erntetechnik und zur Hygienisierung.

Ein Team um Greta Gaudig, Matthias Krebs und Sabine Wichmann von der Universität Greifswald hob im Rückblick auf gut 20 Jahre Forschung zur Paludikultur das erfreuliche Wachstum von Torfmoosen hervor, die bereits nach eineinhalb Jahren eine geschlossene Fläche bildeten und Zuwächse von bis zu 8,7 tatro pro Hektar und Jahr aufwiesen. Zu klären blieb nach wie vor die Beschaffung von Saatgut, so Gaudig, um in Zukunft eine Entnahme aus den geschützten Beständen zu umgehen. Schwierig sei auch die Flächenverfügbarkeit, die sich aber durch eine Anerkennung der Torfmooskultivierung als landwirtschaftliche Nutzungsform verbessern könnte. Im Hinblick auf die mit der Etablierung von Paludikulturen verbundenen hohen Kosten gelte es, der Landwirtschaft zusätzliche Anreize zu schaffen, damit die Vorteile der Torfmooskultivierung sich durchsetzen können: Mit der regional verankerten Produktion eines hochwertigen und nachwachsenden Rohstoffes besteche Torfmoos mit deutlich positiven Auswirkungen auf den Klima- und Gewässerschutz sowie die Artenvielfalt.

Jan Köbbing stellte im Anschluss unser eigenes Torfmooskultivierungsprojekt vor, das sich seit einem Dreivierteljahr in der Umsetzungsphase befindet. Zwei Drittel der Flächen sind inzwischen mit den Torfmoosarten Sphagnum palustre und Sphagnum papillosum beimpft, auf insgesamt zehn Hektar sollen die Versuchsflächen noch in diesem Jahr ausgeweitet werden. Beide Sphagnum-Arten sind sehr anpassungsfähig und eignen sich gut als Pionierpflanzen, liefern allerdings nicht so viel Biomasse wie andere Arten. Aus diesem Grund sind produktivere Sorten für die Beimpfung des letzten Drittels vorgesehen. Ein entsprechender Entnahmeantrag bei der Unteren Naturschutzbehörde des Landkreises Emsland ist bereits eingereicht. Die bestehenden Areale hätten nach der ersten Beimpfung im vergangenen Herbst den Winter gut überstanden, auch die im Frühjahr ausgebrachten Torfmoosen seien inzwischen etabliert. „Erste Anwachserfolge kann man bereits sehen, die derzeitigen Witterungsbedingungen sind für die Torfmoose ideal“, so Köbbing. Ein Bewässerungssystem wurde auf beiden Projektflächen installiert und wird zurzeit um eine automatische Steuerung ergänzt. Die Flächen werden z. T. über ein offenes Grabensystem, sog. Grüppen, bzw. über Drainagerohre bewässert. Darüber hinaus wird Spendermaterial für Substrattests bei der Landesversuchsanstalt LVG Ahlem vorbereitet.

Bei der anschließenden Ortsbegehung konnten sich die Teilnehmer des Torfersatzforums ein Bild von den verschiedenen Aspekten des Projekts machen.