Unternehmen

13.02.2015
Alina Strickmann

Wir gehen dem Markt voran

Im Vorfeld der Internationalen Pflanzenmesse (IPM) 2015 in Essen bat die TASPO, Deutschlands größte Fachzeitschrift für die Gartenbaubranche, unseren Geschäftsführer Norbert Siebels um ein Interview. Es ging im Wesentlichen um die Frage nach dem „Substrat der Zukunft“. Die Inhalte geben wir hier wieder.

TASPO: Kriterien wie „Nachhaltigkeit“ und „Umwelt“ sind wesentliche neue Anforderungen, die in Zukunft mehr und mehr an Substrate gestellt werden. Was tut Ihr Unternehmen in dieser Hinsicht, um die Anforderungen des Marktes zu bedienen?

Norbert Siebels: Klasmann-Deilmann geht bei diesen Themen dem Markt voran. Die Nachhaltigkeit von Kultursubstraten ist für Handel und Endverbraucher zunehmend wichtig. Dieser Trend wird sich in den kommenden Jahren noch verstärken. Auch deshalb handeln wir vorausschauend und haben Nachhaltigkeit schon vor Jahren als verbindliches Kernkriterium für unser gesamtes unternehmerisches Handeln festgelegt. Was wir in diesem Zusammenhang tun, dokumentieren wir in unserem jährlichen Nachhaltigkeitsbericht. Um nur einmal den Aspekt „Klimaschutz“ aufzugreifen: Zu unseren Aktivitäten gehören z. B. eine umfassende Klimabilanz, die in emissionssenkende Maßnahmen mündet, oder die weitreichenden Maßnahmen zur Renaturierung von ehemaligen Gewinnungsflächen. Außerdem kennen wir nun den Carbon Footprint unserer Rohstoffe und Produkte und können uns bei der fortlaufenden Optimierung auch an diesen Fakten orientieren.

Viele Gartenbaubetriebe erwarten übrigens genau wie wir, dass die genannten Themen an Bedeutung zunehmen, und stellen sich darauf ein. Für diese Betriebe haben wir uns als optimaler Partner positioniert, denn wir können den Anforderungsbereich „Nachhaltigkeit im Gartenbau“ mit Substanz gemeinsam weiter voranbringen.

TASPO: Braucht der Gartenbau ein noch „grüneres Produkt“ für den Kunden, ein „Gutes-Gewissen-Produkt“? Was können Substrathersteller dazu beitragen?

Norbert Siebels: Niemand hat „grünere Produkte“ als die Grüne Branche und niemand hat mit mehr Recht ein gutes Gewissen als der Produktionsgartenbau. Das gilt auch für Klasmann-Deilmann. Unsere Kultursubstrate sind High-Tech-Produkte, die an Effizienz, Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit kaum zu überbieten sind. Klasmann-Deilmann wird auch in Zukunft mit „gutem Gewissen“ Torfkultursubstrate vertreiben und sich nicht aus falsch verstandener Nachhaltigkeit zu Rückschritten verleiten lassen, die niemandem nutzen.

Gleichzeitig ist die Frage nach dem „Substrat der Zukunft“ berechtigt. Die Kultursubstrate von morgen werden zu höheren Anteilen aus alternativen Rohstoffen wie Holzfasern, Grünkompost oder Kokos bestehen. Zum einen schonen wir unsere Ressourcen, wenn wir verschiedene Rohstoffe parallel nutzen. Zum anderen können wir die Klimabilanz unserer Substratmischungen auf diese Weise weiter verbessern. Für Klasmann-Deilmann ist dabei aber wichtig, den Einsatz von alternativen Ausgangsstoffen stets an der Zweckmäßigkeit zu messen. Wenn Holzfasern, Kompost und Kokos einen gartenbaulichen Vorteil bringen, dann werden wir sie verwenden – und ansonsten die bewährten Torfrohstoffe nutzen. Auf eine Formel gebracht: „Die Kultursicherheit bestimmt die Zusammensetzung des Substrats.“ Der Produktionsgartenbau wird es uns danken und ebenso Handel und Endverbraucher, die keine Abstriche beim Einkauf machen wollen.

TASPO: In welchen Bereichen ist eine gänzlich torffreie Produktion heute schon, auch wirtschaftlich gesehen, machbar? Und wo werden die Grenzen für die Praxis liegen?

Norbert Siebels: Die Substratindustrie ist an diesem Punkt gespalten und tut sich damit keinen Gefallen. „Torffrei“ ist nicht die Lösung für alles, sondern birgt zusätzliche Probleme. So sind torffreie Substrate in der betrieblichen Handhabung einfach aufwändiger als Torfkultursubstrate. Das betrifft Wasserversorgung, Düngung, pH-Werte, Heizung usw. Wenn der diesbezügliche Mehraufwand zusätzlich in die betriebliche Klimabilanz einfließt, schwinden die Pluspunkte in Sachen Nachhaltigkeit. Auch in wirtschaftlicher Hinsicht erfordert eine torffreie Kultur einen spitzeren Bleistift. Wenn ein Gartenbaubetrieb aber diese Umstände und das grundsätzlich erhöhte Risiko von Qualitätsschwankungen in Kauf nimmt, ist eine torffreie Kultur bei bestimmten Pflanzenarten grundsätzlich möglich.

Im Produktionsgartenbau ist der Einsatz von torffreien Substraten jedoch bislang nicht über ein Versuchsstadium hinausgekommen, und die allgemeine wirtschaftliche Lage der Gesamtbranche ermutigt auch nicht zu Experimenten. Der Rohstoff Torf wird Klasmann-Deilmann und den Produktionsgartenbau also ganz sicher noch für lange Zeit maßgeblich begleiten.

Und dafür gibt es gute Gründe: Torf steht nach wie vor für höchste Qualität und Kultursicherheit. Kein anderer Rohstoff vereint so viele gartenbaulich notwendige Eigenschaften in physikalischer, chemischer und biologischer Hinsicht wie Torf. Deshalb funktioniert er besser als alle anderen bekannten Substratausgangsstoffe. Torf steht überdies für Quantität und Liefersicherheit. Der deutsche und internationale Gartenbau kann nur deshalb verlässlich beliefert werden, weil er mit Torfkultursubstraten arbeitet. Wollte man ab sofort ausschließlich torffreie Substrate nutzen, könnten die meisten Betriebe nicht mehr mit Substraten beliefert werden, denn die verfügbaren Alternativen decken nicht einmal den Bedarf an Substraten in Deutschland.

Klasmann-Deilmann wird sich aber weder auf „Torf“ noch auf „torffrei“ festlegen. Wir setzen auf die jeweils richtige Kombination aus Torf und alternativen Ausgangsstoffen. Kultursubstrate für den Produktionsgartenbau sind pflanzenbaulich geprägte und keine politisch oder ideologisch motivierten Produkte.

TASPO: Was wird sich in Zukunft im Bereich Torfersatzstoffe tun?

Norbert Siebels: Zunächst wird es darum gehen, das Potenzial der bekannten Alternativen auszuschöpfen. Klasmann-Deilmann ist z. B. damit befasst, die gartenbaulichen Einsatzbereiche für Holzfasern, Grünkompost und Kokos in Kultursubstraten zu erweitern. In diesem Zusammenhang geht es zum einen darum, neue Substrate für neue Einsatzbereiche und Kulturen zu entwickeln, und zum anderen auch um eine Verschiebung der jeweiligen Mischungsverhältnisse innerhalb bewährter Rezepturen in Richtung der Alternativen. Maßgabe ist in jedem Fall, dass wir keine qualitativen Abstriche akzeptieren werden – auch das Substrat der Zukunft muss technisch einwandfrei und sicher funktionieren.

 TASPO: Welche neuen Möglichkeiten bieten neue Untersuchungen – beispielsweise beim „Sphagnum Farming“?

Norbert Siebels: Die von Ihnen angesprochenen Forschungsprojekte zum Sphagnum Farming, also der Kultur von Torfmoosen für gartenbauliche Zwecke, brauchen einen langen Atem. Nach wie vor geht es hierbei um Grundlagenforschung und bis zur Praxisreife ist es noch weiter Weg. Auch wenn Sphagnum Farming eines Tages funktioniert, bleiben einige sich daran anschließende Fragen womöglich zunächst unbeantwortet: Wer kann es sich leisten, die dafür benötigten riesigen Agrarflächen zu kaufen oder zu pachten? Und ist ein solcher Substratausgangsstoff wirtschaftlich?

Es bleibt dabei: Eine vollumfängliche Alternative zum Torf ist nicht in Sicht – zumindest nicht, wenn Kultursubstrate qualitativ und quantitativ das heutige hohe Niveau halten sollen.

TASPO: Die Neuordnung des niedersächsischen Landesraumordnungsprogramms sieht die nahezu komplette Streichung der Vorranggebiete für den Torfabbau vor. Sehen Sie hier noch Chancen für ein Einlenken des Ministers?

Norbert Siebels: Die niedersächsische Landesregierung hat eine Überarbeitung des vorliegenden LROP-Entwurfes angekündigt, nachdem der Gegenwind aus verschiedenen Richtungen zu stark wurde. Insofern besteht zumindest eine theoretische Chance, dass die derzeitigen Pläne zur Beendigung der Torfgewinnung revidiert werden. Es ist nicht hinnehmbar, dass der mit Abstand kleinste Verursacher von Emissionen aus Torfflächen – nämlich die Torfindustrie, die nur 7 % der torfbedingten Emissionen verursacht – einmal mehr die Hauptlast tragen soll. Das gemeinsame Konzept von Industrieverband Garten (IVG) und NABU Niedersachsen, dem sich auch der ZVG angeschlossen hat, bietet demgegenüber das einzige zukunftweisende und auch finanziell gesicherte Konzept, das Klima- und Umweltschutz mit der Rohstoffgewinnung in Einklang bringt. Wir haben immer wieder signalisiert, dass wir einen runden Tisch wünschen, und halten unsere Gesprächsbereitschaft weiterhin aufrecht.

TASPO: Welche Folgen haben die Streichungen speziell für Sie und Ihre Kunden?

Norbert Siebels: Sollte es bei der Umsetzung der gegenwärtigen Pläne zur Beendigung der Torfgewinnung bleiben, werden wir nach meiner Einschätzung in den kommenden zwanzig Jahren das Ende der hiesigen Torfindustrie erleben – und damit den Verlust zahlreicher Arbeitsplätze.

Da Klasmann-Deilmann in den letzten Jahren weitreichende, eigene Ressourcen im Baltikum und in Irland geschaffen hat, ist die Versorgung unserer Kunden mit Kultursubstraten dennoch gesichert. Gleichwohl werden wir unsere Aktivitäten im Bereich der erneuerbaren Energien und nachwachsenden Rohstoffe deutlich verstärken, um unseren deutschen Standorten nach Möglichkeit eine nahtlose Anschlusslösung bieten zu können.