Kompetenzen

28.04.2017
Dirk Röse

Das Presstopfsubstrat der Zukunft

Ein Artikel der Fachzeitschrift „Gemüse“

Die Anzucht von Gemüsejungpflanzen in Presstöpfen zählt seit Jahrzehnten zu den wichtigsten Vermehrungssystemen. Ohne diese Technik wäre die Produktion der benötigten Anzahl von Jungpflanzen auch gegenwärtig nicht möglich. Wir haben Hermann Limbers, Leiter der Advisory Services bei Klasmann-Deilmann, nach der Zukunft dieses Verfahrens gefragt und wollten von ihm insbesondere erfahren, in welche Richtung sich Spezialsubstrate für die Herstellung von Presstöpfen entwickeln.

Gemüse: Herr Limbers, warum ist die Presstopftechnik schon seit mehr als 40 Jahren so erfolgreich?

Hermann Limbers: Die Anzucht von Gemüsejungpflanzen in Presstöpfen ist sehr flexibel, eine Vielzahl von Pflanzen kann mit diesem System produziert werden. Die Presstöpfe werden mittlerweile auf Hightech-Anlagen nur unter Zugabe von Wasser in großen Stückzahlen sehr schnell hergestellt. Vom Substrat über Presstopflinie und Jungpflanze bis hin zur automatischen Pflanzmaschine wird ein nahtloses Kultursystem genutzt, so dass Jungpflanzen in großer Zahl effizient angezogen und weiterverarbeitet werden können.

Gemüse: Worin bestehen die wichtigsten pflanzenbaulichen Vorteile dieses Systems?

Hermann Limbers: Ein gutes Presstopfsubstrat sichert eine sehr gleichmäßige Pflanzenqualität, der Presstopf puffert Wasser und Nährstoffe. Die Jungpflanzen wachsen im Feld sehr schnell an und führen zu einem homogenen Pflanzenbestand.

Gemüse: Was waren in den letzten zwanzig Jahren die wichtigsten Entwicklungen?

Hermann Limbers: Die Presstopfsubstrate, Presstopfmaschinen und Pflanzmaschinen wurden immer weiter optimiert und aufeinander abgestimmt. Die Hersteller der Presstopfsubstrate entwickelten Rezepturen, deren chemische und physikalische Eigenschaften sehr gezielt auf Salat, Feldsalat, Kohlarten oder Tomaten ausgelegt waren. Einen Schwerpunkt bildete dabei eine optimierte Nährstoffversorgung mit speziellen NPK-Formulierungen, um das Pflanzenwachstum besser steuern zu können.

Gemüse: Was sind die wichtigsten Bestandteile eines guten Presstopfsubstrates?

Hermann Limbers: Hauptbestandteil ist nach wie vor ein gut durchfrorener Schwarztorf in Verbindung mit unterschiedlichen Strukturen von Weißtorf. Tonmehle optimieren neben der Nährstoffpufferung die kapillare Wasserverteilung sowie die Wasseraufnahme der Presstöpfe nach dem Antrocknen. Im Bioanbau enthalten Presstopferden 15 – 25 Vol.-% Substratkompost.

Gemüse: Worin bestehen die größten Herausforderungen für die nächsten zehn Jahre?

Hermann Limbers: Presstopfsubstrate sind in der Regel relativ schwer, da ihr Wassergehalt hoch ist. Ein Fokus liegt daher auf der Reduzierung der Substratgewichte, um das Ladevolumen für LKW zu erhöhen. Das spart Transportkosten und reduziert zugleich die Emissionen, so dass sich der CO2 Fußabdruck bei Jungpflanzenbetrieb und Substrathersteller verbessert. Darüber hinaus werden alternative Substratausgangsstoffe auch für Presstopfsubstrate immer wichtiger.

Gemüse: Können Sie dazu ein paar Details nennen?

Hermann Limbers: Schwarztorf aus Deutschland steht weiterhin zur Verfügung, langfristig wird sich die Verfügbarkeit jedoch reduzieren. Vor diesem Hintergrund hat Klasmann-Deilmann schon im Jahr 2010 mit der Gewinnung von Schwarztorf im Baltikum begonnen. Im Zuge der Entwicklung unserer eigenen Holzfaser GreenFibre und ihrem zunehmenden Einsatz in Kultursubstraten stellte sich die Frage, auf welche Weise man sie auch in Presstopfsubstraten nutzen könnte – also in einem Segment, das bis heute durch rein schwarztorfbasierte Substrate dominiert wird. Uns ist es durch eine spezielle Aufbereitung unserer Holzfasern gelungen, Presstopfsubstrate mit einem Anteil von 20 % GreenFibre zu entwickeln, die zu Presstöpfen mit einer sehr hohen Stabilität führen. Diese neue Generation an Presstopfsubstraten wird seit fast zwei Jahren erfolgreich in der Praxis eingesetzt.

Salatjungpflanzen im Kultursubstrat Potgrond H mit 15 Prozent GreenFibre

Eine weitere Reduzierung des Substratgewichtes erzielten wir durch den Einsatz einer besonderen Torfstruktur, mit der die Rohstoffkomponenten im Presstopf quasi „vernetzt“ werden. Diese Kombination macht es bereits heute möglich, den Anteil an Schwarztorf in Presstopfsubstraten auf 50 % zu reduzieren.

Gemüse: Welche Folgen hat das für den Jungpflanzenbetrieb?

Hermann Limbers: Bei der Produktion der Presstöpfe wird eine höhere Wassermenge zugegeben. Die Hersteller von Presstopfmaschinen bieten hierzu entsprechende Lösungen an. Außerdem ist zu erwarten, dass sich die Stückkosten für den einzelnen Presstopf etwas erhöhen, da die Ausbeute pro m³ Substrat leicht zurückgeht. Trotzdem ist dies der einzig zweckmäßige Weg, um die elementaren Anforderungen für die Zukunft zu erfüllen:

  • Zunehmende Verwendung von alternativen Substratausgangsstoffen
  • Reduzierung der Gewichte
  • Verbessertes Pflanzenwachstum durch eine schnellere Wurzelentwicklung.

Gemüse: Welche neuen Entwicklungen gibt es bei den Presstopfsubstraten?

Hermann Limbers: In den letzten Jahren haben wir vor allem die stabilitätsbildenden Faktoren bei Presstöpfen untersucht. In Zusammenarbeit mit der niederländischen Regeling Handels Potgronden (RHP) wurde dazu der sogenannte „Stabilitätstest“ entwickelt. Diese Methode ermöglicht es, die Herstellung von Presstöpfen im Labor zu simulieren, ihre Stabilität exakt zu messen sowie für jede Rezeptur den optimalen Wassergehalt beim Pressen zu ermitteln.

Der nächste Schritt ist konsequenterweise, dass Jungpflanzenproduzenten den Wassergehalt auf ihren Pressmaschinen messen können. Seitens der Hersteller von Presstopfmaschinen gibt es hierfür zurzeit noch keine technische Lösung.

Gemüse: Wie kann ein Jungpflanzenproduzent die Stabilität der Presstöpfe positiv beeinflussen?

Hermann Limbers: Zum einen durch die Einstellung des optimalen Wassergehaltes beim Pressen und zum anderen durch ein gezieltes Schrumpfen der Presstöpfe während der Kultur. Mit jeder Schrumpfung der Presstöpfe erhöht sich die Stabilität – eine wichtige Voraussetzung für die Verwendung auf automatischen Pflanzmaschinen.

Gemüse: Wie sieht das Presstopfsubstrat der Zukunft aus?

Hermann Limbers: Wir werden den Anteil alternativer Ausgangsstoffe in Presstopfsubstraten sukzessiv weiter erhöhen. Mit der Kombination aus der Holzfaser GreenFibre und unserem Substratkompost TerrAktiv werden schon jetzt Presstopfsubstrate mit 40 % alternativen Ausgangsstoffen erfolgreich in der Praxis eingesetzt. Weitere alternative Ausgangsstoffe sind zurzeit nicht in Sicht, doch womöglich werden sogenannte „Kleber“ bis zur Praxisreife weiter entwickelt. Bislang sind diese Zusätze kommerziell noch nicht einsetzbar, aber in der Produktentwicklung wird diese Herausforderung bereits bearbeitet.

Gemüse: Vielen Dank für das Gespräch!

 

Dieser Artikel erschien in der Ausgabe 1/2017 der Fachzeitschrift „Gemüse“.